Samstag, 3. Oktober 2015

ERNTEgeDANKen

Im Oktober feiern viele Pfarreien das Erntedankfest im Gedenken daran, dass die Erntegaben nicht nur Frucht der Erde und der menschlichen Arbeit, sondern auch Zeichen des Segens und der Liebe Gottes sind. Gleichzeitig ist Erntedank eine Einladung zurückzuschauen – in Dankbarkeit.

Jesus sagt: „Ich bin der Weinstock ...“


Diese Worte Jesu (Joh 15,5) weisen darauf hin, dass ich durch meine Taufe ein Rebzweig bin, eingepfropft in den Weinstock Gottes. Ich bin Sonnenschein, aber auch Wind, Regen oder gar Hagel ausgesetzt, der meine Blätter zerfetzt. Andere Rebzweige umgeben mich, manche helfen mir, meine Ranken auszustrecken, andere drücken mich weg und rauben mir das Sonnenlicht. Der Gärtner schneidet mich zurück, Insekten kommen und befruchten die Blüten, die ich hervorbringe. Andere Insekten hinterlassen winzige Eier, und meine Früchte und Blätter fallen der Gefräßigkeit der Larven zum Opfer.
Wenn ich mir meine Misserfolge und verpassten Chancen sowie das, was meine Umgebung dazu beigetragen hat, näher betrachte, erfasst mich Unzufriedenheit. Diese jedoch ist ein Alarmzeichen dafür, dass ich den Überblick verloren habe und Ablenkungen zum Opfer gefallen bin. Denn Ablenkung ist es, Vergangenes durch das Vergrößerungsglas der Unzufriedenheit zu sehen und am Ende zu meinen: „Keiner liebt mich!“

Dankbarkeit


Die Alternative heißt Dankbarkeit. Wenn ich in Dankbarkeit zurückblicke, erkenne ich, dass Gott mich nie allein gelassen hat. Ich mag zwar ein etwas mitgenommener, von Schädlingen befallener Rebzweig sein, doch wenn ich auf den Weinstock schaue, darf ich erkennen, dass er mich trotzdem immer getragen hat und dass ich ihm vertrauen darf in allem, was kommt. Er ist es, der mir Kraft gibt, wenn ich gebeutelt werde. Nie hat er aufgehört, mir seinen lebensspendenden Saft zu geben. Wenn ich Einschnitte verkraften musste, stärkte er mich und baute mich auf. Wenn meine Früchte trotz meiner Bemühungen zu klein gerieten oder von Schädlingen befallen wurden, war der Weinstock für mich da, versorgte mich mit neuer Kraft und half mir, neue Knospen hervorzubringen. Selbst wenn der Herbst meines Lebens kommt, wenn ich all meine Blätter und Früchte loslassen muss und keine Schönheit mehr zeigen kann, wird der Weinstock dasein und mich stützen. Er schenkt mir die innere Kraft, die dem Auge verborgen bleibt und die unter der dürren Rinde auf ein „neues
Leben“ wartet.

Die Versuchung: Massa und Meriba


In Australien lebt Nick Vujicic, 26 Jahre. Seine Geburt war ein Schock für seine Eltern – die Ultraschallbilder hatten nicht angezeigt, dass ihm aufgrund eines Genfehlers beide Arme und Beine fehlten. Einige Jahre haderte Nick mit seinem Schicksal: „Gottes Ebenbild? Ich? Das ist wohl ein Witz!“ Inzwischen sagt er: „Keine Arme, keine Beine – keine Sorgen! Schau nicht auf das, was du nichthast, sondern auf all das, was du hast!“ Dieselbe Lektion musste das Volk Israel lernen: 40 Jahre lang waren sie durch die Wüste gezogen, Gott hatte ihnen Manna, Wachteln, Wasser und alles Lebensnotwendige zur Verfügung gestellt. Als sie am Rand der Wüste Sin ihr Lager aufschlugen und kein Wasser mehr hatten, murrten sie und verfielen in Undank gegen Gott. Sie bedrohten Mose, der daraufhin durch Gottes Wort mit dem Stab Wasser aus dem Felsen schlug. Mose nannte den Ort „Massa und Meriba“, d.h. Probe und Streit, weil das undankbare Volk Gott auf die Probe gestellt hatte.
Der Psalm 95,7–10 gibt wider, wie Gott darüber dachte: „Verhärtet euer Herz nicht wie in Meriba, wie in der Wüste am Tag von Massa! Dort haben eure Väter mich versucht, sie haben mich auf die Probe gestellt und hatten doch mein Tun gesehen. Vierzig Jahre war mir dies Geschlecht zuwider, und ich sagte: Sie sind ein Volk, dessen Herz in die Irre geht; denn meine Wege kennen sie nicht.“ Lernen wir aus der Geschichte, um es nicht am eigenen Leib erfahren zu müssen: Undank ist eine Verfehlung gegen Gott, denn wer undankbar ist, hat keine Liebe für den, der uns aus Liebe erschaffen, am Leben erhalten und erlöst hat.

Danken sollen dir die Völker alle (Ps 67)


Die Zeit der Ente ist also eine Einladung, Gott nicht nur für das gute Wetter und die Erträge aus Acker, Weinberg und Wald zu danken, sondern auch ein Aufruf, dankbar zurückzuschauen und zu erkennen, wie sehr wir in Gott und seiner Liebe verwurzelt sein dürfen – zu jeder Jahreszeit! Mehr als die besten irdischen Eltern ist Gott stets für uns da, lässt uns nie fallen – außer dann, wenn wir uns aus freiem Willen von ihm lossagen. Und weil alles vergeht, Gott allein aber derselbe bleibt und weil Gott erst genügt (so sagte die hl. Teresa von Avila), deshalb steht es sogar den Rebzweigen, die sich aus eigenem Willen vom Weinstock getrennt haben, offen, jederzeit zurückzukommen und darum zu bitten, wieder eingepfropft zu werden und neues Leben aus der uralten, ewigen Wurzel zu schöpfen. Erkennen wir, wie großzügig, treu und liebevoll Gott, unser Weinstock ist, und danken wir ihm aufrichtig für alle guten Früchte in unserem Leben. Mit seiner Hilfe durften wir sie hervorbringen, denn er sagte (Joh 15,5): „Ohne mich könnt ihr nichts vollbringen!“Dieser Dank wird uns als wahre Rebzweige ausweisen, als liebende Kinder des himmlischen Vaters.

Beatrix Zureich

Zuerst erschienen in MARIA - Das Zeichen der Zeit Nr. 143

Freitag, 18. September 2015

BETER AM STRASSENRAND

Morgen findet in Berlin
der MARSCH FÜRS LEBEN
statt.

Der New Yorker Priester Monsignore Philip J. Reilly (*1934) hatte fast zwanzig Jahre lang versucht, auf politischer Ebene etwas für den Schutz des menschlichen Lebens zu erreichen, besonders für die Ungeborenen. Am Ende war er völlig mutlos. Als der engagierte Priester nicht mehr weiter wusste, hörte er in seinem Herzen die Stimme Gottes: „Warum versuchst du es nicht mit beten?“ Nach einiger Zeit verstand Mons. Reilly, was Gott damit meinte: Das Gebet sollte an erster Stelle stehen und alles andere daraus erwachsen. So flehte er: „Herr, schenke mir eine Armee von Betern!“ Kurz darauf standen vor seiner Tür: ein Opa, drei Omas und ein Arbeitermädchen. Mit dieser Handvoll Leute, die am Fest Maria vom Sieg (7. Oktober, auch Rosenkranzfest genannt) vor die damals größte Abtreibungsklinik der westlichen Welt zogen, wurde 1989 der Grundstein für die Helfer für Gottes kostbare Kinder gelegt (...)

Innerhalb von elf Jahren verbreitete sich das Apostolat der Helfer auf allen fünf Erdteilen. Die Fakten sind eindeutig: Von zunächst 43 Abtreibungseinrichtungen in der Diözese Brooklyn sind heute nur noch 20 übrig geblieben! War die frühere Pro-Life-Arbeit von Mons. Reilly fruchtlos geblieben, so konnte man jetzt die Erfolge überall dort sehen, wo vor den Abtreibungsstätten gebetet wurde (...) In Deutschland wird in bisher 23 Städten gebetet; an sechs Abtreibungsorten wurde der„Tötungsbetrieb“ eingestellt.


Berichte der „Beter am Straßenrand“

Ein Priester und eine Ordensschwester hatten an einer Gebetsvigil vor einer Abtreibungsklinik teilgenommen und leise das Befreiungsgebet von Papst Leo XIII. gebetet. Während sie beteten, fuhr ein Paar in einem Auto vor die Klinik, auf dem Rücksitz saß ein Kleinkind. Die Frau auf dem Vordersitz wollte eine Abtreibung vornehmen lassen. Zwei Helfer sprachen durch das Wagenfenster mit dem Paar und bekamen eine nachdenkliche Antwort. Dann wendete das Auto und fuhr von der Kinik weg.
Innerhalb weniger Minuten hatte das Paar sich entschieden, nicht in die Klinik zu gehen. Beim Wegfahren lächelte das Kind auf dem Rücksitz und winkte den Helfern zu. Der Priester und die Nonne beendeten das Befreiungsgebet und standen auf. Nun berichteten ihnen die Helfer voller Freude, was während des Betens geschehen war. Noch lange erinnerte ich mich an das Lächeln des Kindes auf dem Rücksitz – als ob der Junge schon voller Vorfreude auf sein Brüderchen oder
Schwesterchen wäre.


Ein Umdenken bei Ärzten

Dr. Levantino machte 1976 seinen Abschluss am Albany Medical Centre in New York und war acht Jahre lang als Abtreibungsarzt beschäftigt, bevor er seine eigene Praxis eröffnete. Er redete sich ein,
dass er nicht unbedingt „für Abtreibung“, sondern „für die Frau“ sei, obwohl er manchmal Probleme damit hatte, beides miteinander zu vereinbaren: dass er den Frauen half, indem er ihre Kinder tötete. Er sagte, dass er sich bei der D&E-Methode (Erweitern des Muttermunds und Entfernen des Kindes), bei der das Baby buchstäblich auseinandergerissen wird, keine Sorgen darüber machen musste, dass das Baby lebend geboren wird. Bei Abtreibungen durch Salzlösung jedoch konnte es geschehen, dass das Kind lebend geboren wurde und er die winzigen Babys sah, wie sie nach Luft schnappten und mit ihren Füßen um sich traten, bis sie starben.
Beim Anblick dieser winzigen Körper verspürte Dr. Levantino jedes Mal ein plötzliches Unbehagen. Während er täglich etwa zehn solcher Babys „entsorgte“, versuchten er und seine Frau, ein Kind zu adoptieren. Nachdem sie schließlich eines adoptiert hatten, mussten sie den Schmerz erleben, dieses Kind durch einen Verkehrsunfall zu verlieren.
Schließlich konnte er sich der Realität nicht länger verschließen, dass der Körper eines Kindes bei der Abtreibung das „Kind von jemandem“ ist – so wie sein Kind, das er gerade verloren hatte. Ihm wurde bewusst, dass er das Kind von jemandem tötete – wie ein Auftragskiller. Diese Einsicht war der Wendepunkt in seinem Leben. Er erkannte, dass alles Geld der Welt diese Arbeit nicht wert war und veröffentlichte seine Geschichte.


Das Leiden der „Überlebenden“

Der kanadische Psychiater und Kinderpsychologe Philip Ney weist auf das Leiden derer hin, die direkt oder indirekt „Überlebende“ einer Abtreibung sind. Es sind Menschen, die z.B. nach einer künstlichen Befruchtung im Reagenzglas (IVF) ausgewählt wurden, während viele ihrer Geschwister ausgelöscht wurden. Oder diejenigen, die für einen bestimmten Zweck „erzeugt“ wurden, wie z.B. um ein Geschwister mit Knochenmark zu versorgen. Was wird ein IVF-Kind empfinden, wenn es erfährt, dass es ausgewählt wurde und vielleicht fünf, acht, zwölf oder sogar noch mehrere Geschwister dabei vernichtet wurden? hilip Ney und Marie Peeters zitieren in ihrer Studie über PASS, Überlebende einer Abtreibung, die Worte einer Frau, deren Bruder oder Schwester durch eine Abtreibung getötet wurde: „Ich hatte kein Recht darauf, da zu sein (...) Ich hänge an nichts und hatte auch nie eine verlässliche Beziehung. Ich fühlte mich allein und bedroht. Mein Leben, mein Dasein war in Frage gestellt. Ich hatte irrsinnige Zornesausbrüche und eine unkontrollierbare Wut (...) Erst jetzt, im Alter von 55 Jahren, beginne ich zu verstehen. Vor ein paar Jahren, kurz bevor meine Mutter starb, erzählte sie mir, dass sie vor meiner Geburt eine Abtreibung hatte ...“
Es gibt in unserer Gesellschaft viele solcher Überlebender, deren Geschwister abgetrieben wurden. Zu meinen Beratungsgesprächen kamen Jugendliche, die mir stockend und verstört von den Abtreibungen ihrer Mütter erzählten und wie sie versuchten, einen Sinn darin zu finden. Einmal erzählte mir eine Jugendliche, ihre Mutter habe ihr gesagt, dass sie eigentlich hätte abgetrieben werden sollen ...“

Es ist wichtig zu begreifen, dass eine Abtreibung sich nicht nur auf die Frau und ihr Kind auswirkt, sondern auch auf ihre engere und weitere Umgebung: auf den Vater, die Großeltern, Tanten und Onkel, da sie alle diesen Verlust spüren; ganz besonders jedoch auf die späteren Kinder.

(Aus: Wanda Skowronska, Beter am Straßenrand
zu beziehen beim Miriam-Verlag)

Montag, 17. August 2015

Ein eucharistisches Wunder

Am 21. August 1888, bei der großen französischen Nationalwallfahrt nach Lourdes, hatte es fast keine Heilungen gegeben. Ein Gewitter machte am Abend die Lichterprozession unmöglich. Angesichts der betrübten Pilgerschar kam ein frommer Geistlicher auf den Gedanken, das Allerheiligste Sakrament durch die Reihen der Kranken zu tragen, um dasselbe in vertrauensvollen Anrufungen zu feiern. Gesagt – getan. Bereits tags darauf, am Fest Maria Königin, wurde die erste Krankenprozession mit dem hochwürdigsten Gut gehalten.

Damals ertönten zum ersten Mal die ergreifenden Rufe: „Herr! Wenn du willst, kannst du mich gesund machen!“ – „Jesus, Sohn Davids, erbarme dich unser!“ Und was geschah? Kaum waren diese Flehrufe an den eucharistischen Herrn ergangen, erhoben sich vor der Grotte nicht weniger als acht Kranke, die ihre Gesundheit plötzlich wiedererlangt hatten. Wer kann den Jubel beschreiben, der nun unter Tränen der Dankbarkeit zum Himmel stieg? Ohne Unterlass erschallt seit diesem Tag dieser Jubel der Herzen zu Ehren des Allerheiligsten Altarsakraments in Lourdes weiter.

Dr. Boissarie schrieb darüber: „Im Jahr 1888 begannen wir die Heilungen zu registrieren, die sich während der eucharistischen Prozession ereigneten (...) Sehr oft konnte man bei den Bädern keine Besserung feststellen, während die Heilung plötzlich vor dem Allerheiligsten
geschah ...“

(Aus: Die schönsten eucharistischen Wunder, Heft 1
Zusammengetragen von Pfr. Karl M. Harrer, zu beziehen bei uns im Miriam-Verlag)

Samstag, 18. Juli 2015

DIE TAUFE

Während in der westlichen Welt die Angst vor Terroristen die Schlagzeilen beherrscht, wirkt Gott in islamischen Ländern in der Verborgenheit. Das Zeugnis ehemaliger Muslime, die zu Christus fanden, beschreibt das Wirken des Heiligen Geistes und zeigt, wie wichtig unser Gebet für all jene ist, die Christus noch nicht kennen.

Papst Franziskus bat kürzlich darum, dass wir Christen unseren Tauftag bewusst feiern bzw. das Datum unserer Taufe nachschlagen sollten. Die Taufe ist ein Geschenk, das viele noch nicht ausreichend zu schätzen gelernt haben. So kann die Erfahrung ehemaliger Muslime, die unter Todesgefahr und ganz bewusst die Taufe empfingen, auch unseren Glauben und unsere Dankbarkeit für dieses grundlegende Sakrament neu entfachen.
Im Folgenden zitieren wir die Erfahrungen der vormals fanatischen ägyptischen Muslimin Nahed bei ihrer Taufe, die am 30. November 1988 im Verborgenen in einer koptischen Kapelle in Ägypten stattfand:

 

Wiedergeboren in der Taufe


"Ich hatte das Gefühl, durch die Katechese schnell im Glauben zu wachsen und sehnte mich nach der Taufe. Sooft ich Pater Zakaria traf, brachte ich meine Bitte vor: „Ich möchte getauft werden!“ Schließlich stimmte er zu, nahm ein Blatt Papier von seinem Pult und schrieb darauf: „Satan wird dir den Krieg erklären! Höre nicht auf damit, in der Bibel zu lesen und regelmäßig zu beten!“
Die Tage schleppten sich dahin – bis zum Morgen des 30. November. Ich stürmte förmlich aus dem Haus und war gegen 6 Uhr in der Kirche, wo mich meine Patin erwartete. Diesen Tag betrachte ich als meinen eigentlichen Geburtstag. Wir hörten Pater Zakaria kommen, er strahlte über das ganze Gesicht. Wir gingen in die Taufkapelle, wandten uns alle drei gen Westen und sagten uns von Satan los. Dann wandten wir uns gen Osten und ich bekannte mich zu meinem Glauben an meinen Herrn, Gott und Erlöser Jesus Christus.
Der Pater ging hinaus, während ich mein Taufkleid anzog und in das Taufbecken stieg. Es war ein wundervolles Gefühl, als  das Wasser meinen Körper berührte. Ich empfand einen Frieden, wie ich ihn zuvor nur während meiner ersten Vision, als ich mich zu Füßen unseres geliebten Herrn sah, verspürt hatte.
Der Pater kam wieder herein und fragte mich, welchen Taufnamen ich mir wünsche. Er fügte hinzu: „Was halten Sie von dem Namen Phoebe?“ Ich erwiderte: „Phoebe! Einverstanden.“ Er legte seine Hand auf meinen Kopf und sprach: „Ich taufe dich, Phoebe, im Namen des Vaters ...“, und gab mir mit einem leichten Druck auf den Kopf zu verstehen, dass ich ins Wasser eintauchen sollte. Ich öffnete dabei meine Augen: Ich fühlte mich wie in einem großen erleuchteten Kristall und hörte vernehmbar einige wundervolle Stimmen.Ich kam wieder hoch, nahm einen tiefen Atemzug, und wieder drückte der Pater gegen meinen Kopf, so dass ich nochmals in das Wasser eintauchte, während er weitersprach: „... und des Sohnes ...“ Dabei sah und hörte ich dasselbe wie zuvor. Ich versuchte, länger eingetaucht zu bleiben, kam wieder hoch – und noch einmal: „... und des Heiligen Geistes.“ Ich erhob mich und der Pater sagte zu mir: „Bitte den Herrn, dir die Gabe des Heiligen Geistes zu schenken.“ Und ich fühlte die Berührung des Herrn.Anschließend salbte der Pater mein Gesicht und meine Handflächen mit Myron-Öl (In der orthodoxen Kirche wird dieses Salböl unter einem besonderen Gebet zubereitet, wobei eine bestimmte Menge frisches Öl dem übrig gebliebenen Öl zugemischt wird, so dass das Salböl sich bis zu dem Öl zurückführen lässt, mit dem Christus nach der Kreuzigung gesalbt wurde). Dann ging er hinaus, während ich mich wieder anzog.
Es war überwältigend! Ich spürte die Stimme des geliebten Herrn zu mir sagen: „Jetzt kannst du offen sprechen!“ Was für eine Erlaubnis!Ich trat aus der Taufkapelle, in der ich mein wahres Leben erhalten hatte, und ging in die Kirche, um an der Kommunion teilzunehmen. Ein wundervoller Traum wurde Wirklichkeit! Ich bekam die Hostie und das kostbare Blut gereicht. Welcher Mund verdient ein solches Privileg!?"
(Aus: N. M. Metwally, Von Allah zu Christus)

Freitag, 12. Juni 2015

Das Band zwischen Leib Christi und Wort Gottes

Die kanadische Ordensfrau Mutter Julienne du Rosaire (1911 - 1995) war geradezu „verliebt“ in die hl. Eucharistie und liebte die eucharistische Anbetung. Sie gründete 1948 die „Dominikaner-Missionarinnen von der Anbetung“, seit 2008 ist ihr Seligsprechungsverfahren in Rom anhängig.

Klein von Gestalt, mit einem großen Herzen für Gott und die Mitmenschen, wurde Mutter Julienne zur begeisterten Lehrerin aller, die wie der Lieblingsjünger Johannes nahe am eucharistischen Herzen Jesu ruhen möchten. In ihren oft spontan gehaltenen Betrachtungen umriss sie in wenigen Worten die Facetten des Mysteriums der Liebe Gottes. Dazu gehören folgende Auszüge aus Mutter Juliennes Ansprache, in der sie uns eine Fülle von tiefen Gedanken über das untrennbare Band schenkt, das den Leib Christi (die Eucharistie) mit dem Wort Gottes (dem Evangelium) verbindet:

 

Evangelium und Eucharistie


Zwei Tische sind uns bereitet: das Evangelium und die Eucharistie.
Das Evangelium: Christus in Seiner historischen Wirklichkeit.
Die Eucharistie: Christus in Seiner heutigen Wirklichkeit
Das Evangelium: Botschaft der Liebe.
Die Eucharistie: Testament der Liebe.
Das Evangelium: das heilige Buch.
Die Eucharistie: das heilige Zeichen.
Das Evangelium: lebendiges Beispiel.
Die Eucharistie: lebendiges Brot.
Das Evangelium: Wort des Lichtes unter dem Schleier des Wortes.
Die Eucharistie: Wort des Lebens unter dem Schleier des Brotes.
Das Evangelium: Es annehmen heißt, das Wort empfangen und sich ihm öffnen.
Die Eucharistie: Sie essen heißt, das Wort in sich aufnehmen und sich vom Wort aufnehmen lassen.
Das Evangelium: Nahrung unseres Geistes.
Die Eucharistie: Nahrung unseres Herzens.
Im Evangelium sehen wir Jesus. In der Eucharistie verkosten wir Jesus. Im Evangelium wirkt Er durch Sein Wort, in der Gestalt des Buchstabens. In der Eucharistie wirkt Er durch Seinen Leib, in der Gestalt des Brotes.

Im Evangelium muss man Ihn betrachten und auf Ihn hören, um zu tun, was Er getan hat. In der Eucharistie muss man Ihn essen und sich essen lassen, um zu dem zu werden, was Er ist. Das Evangelium gibt uns die Eucharistie, und die Eucharistie gibt uns das Evangelium. Beide sind ein und dieselbe Wirklichkeit: Jesus Christus, das Wort Gottes in Seiner Menschheit, die große Liebe, die ihr Leben hingibt. Um Ihn gut zu kennen und zu lieben, müssen wir von dem Wort und dem Brot essen.   
(Aus: Mutter Julienne du Rosaire, Das eucharistische Herz Jesu)

Mittwoch, 6. Mai 2015

DIE TUGENDEN MARIENS

Vor beinahe 400 Jahren schrieb die spanische Äbtissin Maria von Agreda ihre Offenbarungen über das Leben der Gottesmutter nieder. Dieses Werk beruht auf Visionen und beschreibt das Leben Mariens von ihrer Empfängnis bis zum Tod, wobei besonderes Gewicht darauf gelegt wird, wie sie durch ihre Tugenden Gott verherrlichte.
Dieses Werk, aus dem untenstehendes Zitat stammt, kann Laien und Ordensleuten Impulse für eine vertiefte Spiritualität schenken, um nach Mariens Beispiel in den Tugenden zu wachsen. Für die Mystikerin Maria von Agreda, die 1665 im Ruf der Heiligkeit starb und deren Leib bis heute unverwest in einem Schrein in Agreda zu sehen ist, wurde aufgrund ihrer Tugenden ein Seligsprechungsprozess eingeleitet.


Die Tugend der Mäßigkeit

Sanftmut bezähmt den Zorn, Milde mäßigt die Strafe. Maria hatte keinen Zorn zu bezähmen. Diese natürliche Anlage gebrauchte sie nur in Starkmut gegen die Sünde und gegen den Satan. Sie verlangte nie, Menschen zu bestrafen. Kein Anlass erregte ihren Zorn. Immer blieb ihre innere und äußere Ruhe vollkommen sanft, unveränderlich und unnachahmlich. Bei ihr gab es keine Veränderung der Miene, in der Stimme oder in den Bewegungen, die Regungen des Zornes bekundet hätten. Der Herr benützte diese ihre Sanftmut und Milde als Werkzeug für Seine eigene und teilte durch sie alle Wohltaten und Wirkungen Seiner ewigen Erbarmungen aus.
Darum musste die Milde unserer lieben Frau im Verhältnis zur Milde unseres Herrn stehen (...) Um von den andern in der Mäßigung eingeschlossenen Tugenden würdig zu sprechen, namentlich von der Demut, Lebensstrenge und Armut der seligsten Jungfrau, bedürfte es Engelszungen und vieler Bücher. Von dem, was ich darüber zu sagen vermag, ist die ganze vorliegende Lebensgeschichte voll. Aus allen Handlungen Mariä leuchtet vor jeder anderen Tugend ihre unvergleichliche Demut hervor (...) Wunderbar war auch ihre Anmut und Lebensstrenge. Sie konnte über alle Geschöpfe als Herrin verfügen, aber sie verzichtete auf alles, was der Herr in ihre Hände gelegt hatte, um ihren heiligen Sohn nachzuahmen. Gleichwie der Vater seinem Sohn alles in die Hände gegeben hatte, so legte dieser alles in die Hände Seiner Mutter. Sie aber tat wie Er und verzichtete auf alles im Herzen und in der Tat zur Ehre Gottes.
Über ihre Sittsamkeit im Benehmen, ihre Sanftmut im Reden und ihr ganzes Äußeres genügt zu sagen, dass man sie wegen der unaussprechlichen Würde, die in alldem zutage trat, für ein übermenschliches Wesen hätte halten können, wenn der Glaube nicht gelehrt hätte, dass sie ein bloßes Geschöpf war.
 
(Aus: Maria von Agreda, Leben der jungfräulichen Gottesmutter Maria, Band 1, S. 424ff)

Samstag, 11. April 2015

Monatsbotschaft März 2015

Botschaft der Muttergottes von Medjugorje an Marija Pavlovic-Lunetti vom 25. März 2015


„Liebe Kinder!
Auch heute erlaubt mir der Allerhöchste, dass ich mit euch bin und dass ich euch auf dem Weg der Umkehr führe. Viele Herzen haben sich vor der Gnade verschlossen und sind für meinen Ruf taub geworden. Ihr, meine lieben Kinder, betet und kämpft gegen die Versuchungen und alle bösen Pläne, die euch der Teufel durch den Modernismus anbietet. Seid stark im Gebet und, mit dem Kreuz in den Händen, betet, dass das Böse euch nicht benutzt und nicht in euch siegt. Ich bin mit euch und bete für euch. Danke, dass ihr meinem Ruf gefolgt seid!“


Hindernisse für Gottes Gnade

Gottes Gnade ist stets für uns da. Gott will uns immer helfen, doch wir sind nicht immer dafür offen. Viel Gutes unterbleibt, weil wir uns den Impulsen des Heiligen Geistes verschließen und taub für Gottes Ruf sind, weil uns das Internet, zuviel Konsum und weltliche Ablenkungen absorbieren. Das ist es, was Maria mit „Modernismus“ meint. Moderne Technik kann gut sein, doch viel zu oft versklavt uns das Handy. Oder wir füllen die Seele mit unguten Inhalten des Internets. Wir sind 24 Stunden für alle erreichbar – außer für Gott, denn zum Beten und Zuhören fehlt die Zeit.


Beten mit dem Kreuz in den Händen

Maria deutet an, dass das Böse uns benutzen oder gar in uns siegen kann. Wir meinen, auf dem guten Weg zu sein, ohne zu merken, dass wir uns doch vom Bösen haben benutzen lassen. Denn jedes Mal, wenn wir in Gedanken, Worten oder Werken gegen die Liebe verstoßen, siegt der Böse in uns.
Das Kreuz ist unser Wegweiser, es führt uns vor Augen, was auf ewig zählt: die Liebe. Die Kopten tätowieren sich ein Kreuz auf den Unterarm. So geben sie Zeugnis. Das Kreuz vor Augen, das Kreuz als Teil ihres Leibes, beten sie und bleiben Gott treu. Und wir?




Samstag, 4. April 2015

Heiligkeit im Heiligen Land

Der 17. Mai 2015 ist für die Christen in den Ländern des Nahen Ostens ein Freudentag, denn es ist der Tag der Heiligsprechung von Mutter Maria Alphonsine Ghattas vom Rosenkranz sowie der Karmelitin Mirjam von Abellin.

 

Mirjam von Abellin


Mirjam von Abellin, die „kleine Araberin“, wurde am 5. Januar 1846 unweit von Nazaret im Dorf Abellin geboren, von wo aus man eine wundervolle Aussicht auf das Karmelgebirge und das Mittelmeer hat. Ihre armen Eltern hatten schon zwölf Kinder verloren. Mirjam war die Frucht inständigen Gebets und einer Wallfahrt nach Betlehem. Sie war noch keine drei Jahre alt, als ihre Eltern innerhalb weniger Tage starben, und wuchs bei einem Onkel in Ägypten auf. Dort überlebte sie auf wunderbare Weise das Attentat eines fanatischen Muslims, der ihr ihres christlichen Glaubens wegen die Kehle durchgeschnitten hatte.
Gott führte Mirjam schließlich in den Libanon und von dort nach Frankreich, wo sie bei den Josefsschwestern eintrat. Mit 20 Jahren empfing sie die Wundmale Jesu. Vom Josefskloster wechselte sie in den Karmel von Pau, unweit von Lourdes, und erhielt den Namen Sr. Maria von Jesus dem Gekreuzigten.
Ein kurzer Aufenthalt in Indien folgte, danach reiste sie in ihre Heimat, wo sie in Betlehem einen Karmel gründete, wie Gott es ihr in Visionen gezeigt hatte. Kurz vor Vollendung des Baus starb sie am 27. August 1878 mit 33 Jahren im Ruf der Heiligkeit. Ihr Leben war reich an Wundern, an Eingebungen des Heiligen Geistes und übernatürlichen Phänomenen (Ekstasen, Levitationen, Prophezeiungen etc.). Am 13. November 1983 erklärte der hl. Papst Johannes Paul II. sie anlässlich der Seligsprechung zur Friedenspatronin für den Nahen Osten. Sr. Mirjam von Abellin ist eine Art „Vorläuferin“ ihrer hl. Mitschwester Theresia von Lisieux (1873–1897).


Mutter Maria Alphonsine Ghattas


Eine in Europa wenig bekannte Heilige ist die 1843 in Jerusalem geborene Mutter Maria Alphonsine Ghattas vom Rosenkranz. Sie war nur drei Jahre älter als die hl. Mirjam von Abellin und zeichnete sich wie diese von Kindheit an durch ihre Frömmigkeit aus. Beide traten unabhängig von einander zuerst in ein dem hl. Josef geweihtes Kloster ein. Mutter Alphonsine gründete 1880 einen neuen Orden – den einzigen, der im Jerusalemer Patriarchat entstanden ist – die Rosenkranzschwestern. Es ist ein Orden für arabische Frauen, gegründet von einer katholischen Ordensfrau arabischer
Muttersprache.
Bereits zu Lebzeiten geschahen Wunder, so z.B. am 14. April 1886, als die 12-jährige Schülerin Nathira I‘d bei Bauarbeiten für ein Schwesternhaus in die Zisterne fiel und ertrank. Das ganze Dorf war in Aufruhr, doch niemand konnte die Schülerin retten. Nachdem Mutter Alphonsine in der Kapelle den Rosenkranz gebetet und die Gottesmutter um Hilfe angefleht hatte, warf sie ihren großen Rosenkranz ins Wasser. Wenig später tauchte die Schülerin aus der Tiefe auf, den Rosenkranz um den Hals. Sie berichtete, auf den Grund der Zisterne gesunken zu sein, wo sie plötzlich ein helles Licht und eine Leiter sah, die die Form eines Rosenkranzes hatte. Nathira betete fortan täglich den Rosenkranz mit den Schwestern.
Mutter Alphonsine starb am 25. März 1927 beim Rosenkranzgebet im Ruf der Heiligkeit. Erst nach ihrem Tod wurden ihre Visionen und mystischen Erlebnisse bekannt.

Visionen der Mutter M. Alphonsine

Pater Benedikt Stolz OSB (1895–1986) aus Düsseldorf, der selbst zwanzig Jahre in Jerusalem wirkte, lernte die hl. Mutter Alphonsine kurz vor ihrem Tod kennen. In seinem Büchlein "Heiligkeit im Heiligen Lande"gibt er einige ihrer Visionen wider. Eine Vision, in der die Gottesmutter Sr. Alphonsine die Gründung des neuen Ordens zeigte, den Maria wünschte, beschreibt Sr. Alphonsine wie folgt:
"Ich sah dort (im neuen Konvent) einen geschmückten Rosenkranzaltar. Eine Schwester betete kniend den Rosenkranz. Dann kam eine andere, um ihren Platz einzunehmen, Tag und Nacht. Meine Mutter, die Jungfrau, wiederholte immer, wie notwendig es sei, dass der Rosenkranz beständig im Konvent gebetet werde, von den Schwestern und den Mädchen. Ich sah alle Schwestern, wie sie den vollkommenen Gehorsam ausübten zu Ehren der freudenreichen Geheimnisse, eine große Armut zu Ehren der schmerzhaften Geheimnisse und eine reine Keuschheit zu Ehren der glorreichen Geheimnisse. Durch diese drei Tugenden verehren sie Unsere Liebe Frau vom Rosenkranz. Diese freute sich darüber und schmückte ihre Seelen mit himmlischen Gunsterweisen (...) Jedes Mal, wenn ich die Gelegenheit hatte, sei es bei Tag oder bei Nacht, warf ich mich zu Füßen meiner Mutter Maria nieder und rief aus: „Mutter, Mutter, steh mir bei; lehre mich, wie und was ich tun soll!“ Da kam mir meine Mutter zu Hilfe. Sie erschien mir im Licht, strahlend in unvergleichlicher Schönheit. Sie kam mit dem Rosenkranz in der Hand. Sie gab mir ein, dass der Rosenkranz meine Waffe, meine Stärke und mein Schatz bei Gott sei ..."
(Aus: P. Benedikt Stolz, "Heiligkeit im Heiligen Lande)

Dienstag, 31. März 2015

Vom Beten zum Lieben

Vor 200 Jahren, im August 1815, wurde der hl. Don Bosco geboren. Er ging als großer Jugendseelsorger, Visionär, Ordensgründer und Wundertäter in die Kirchengeschichte ein. Beim Seligsprechungs-Prozess fragte der Richter: „Wann hat Don Bosco gebetet?“ Da unterbrach ihn der Papst, der Don Bosco gut gekannt hatte, mit der Gegenfrage: „Nein: Wann hat Don Bosco nicht gebetet?!“ Diese Erkenntnis ist auf den ersten Blick sehr erstaunlich, vor allem in Anbetracht des unglaublichen Arbeitspensums Don Boscos sowie der Zeit, die er täglich mit großer Liebe seinen weit über hundert Jungen widmete.

In guten wie in schlechten Zeiten

Das Gebet ist das Geheimnis, das die Heiligen ausmacht – und es ist die Quelle, aus der Christus selbst seine Kraft schöpfte. Vor allem im Lukasevangelium wird das Beten des Herrn hervorgehoben. Vor besonders wichtigen Aufgaben verbrachte der Herr noch mehr Zeit als sonst im Gebet – so vor der Erwählung der Zwölf Apostel sowie in der Nacht vor seiner Passion im Ölgarten. Auch während der Passion (vgl. Lk 23 und Mt 27) betete er, denn die überlieferten Worte sind Gebete: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!“ Und: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Und schließlich: „In deine Hände lege ich meinen Geist.“ Jesu Aufschrei „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen“ist der Beginn von Psalm 22. Der Psalm, der König David (*1034 v. Chr.) zugeschrieben wird, beschreibt prophetisch die ganze Passion Jesu. Es ist ein Psalm, der tiefstes Gottvertrauen, Treue und Hingabe ausdrückt, bevor er mit Vers 31 schließt: „Vom Herrn wird man dem künftigen Geschlecht erzählen, seine Heilstat verkündet man dem kommenden Volk; denn er hat das Werk getan.“
Es ist der Psalm, der demjenigen auf den Leib geschrieben war, der die höchste Heilstat mit den Worten abschloss: „Es ist vollbracht!“(Joh 19,30).
Gerade in der österlichen Zeit dürfen wir diesen Psalm wiederentdecken. Intensiv wird die Betrachtung, wenn man jeden Vers aus der Perspektive Jesu am Kreuz meditiert und sich vergegenwärtigt, dass die Gottesmutter diesen Psalm, den Jesus angestimmt hatte, möglicherweise im
Herzen mitbetete, ihren sterbenden Sohn vor Augen. Wie viel Trost und Kraft kann dieser Psalm dem Beter schenken, der ihn im Blick auf Jesu Passion meditiert! Dass Jesus inmitten unermesslicher Folter nicht fluchte, schmähte, noch seine Henker verurteilte, unterschied ihn von den zwei Räubern, die mit ihm gekreuzigt wurden (vgl. Mk 15,32). Jesus hingegen ließ sich nicht ablenken, er blieb als Betender im Kontakt mit dem Vater. Seine Kraft war das Gebet, das in der Liebe zu Gott und den Menschen wurzelte.

In den Fußspuren Jesu

Von den frühen Märtyrern, aber auch von Heiligen wie Maximilian Kolbe ist überliefert, dass sie singend und betend um ihres Glaubens willen in den Tod gingen. Dieselbe Standfestigkeit zeigten bereits um 600 v. Chr. die drei jungen Männer im Feuerofen, die bereit waren, für den Glauben an Gott zu sterben (vgl. Dan 3,23ff). In derselben Gegend, dem heutigen Irak, wurden im Dezember 2014 einige Kinder enthauptet, weil sie sagten: „Wir lieben Jesus! Wir haben Jesus immer geliebt. Wir sind ihm immer nachgefolgt. Jesus war immer bei uns“ (Bericht von Andrew White, Bagdad).
Standhaftigkeit inmitten der Verfolgung und das Gebet bilden eine Einheit. Das Gebet scheint die Rüstung zu sein, die Verzweiflung und Versuchung fernhält, so dass die Märtyrer weder Zweifeln
noch Ängsten nachgaben. Sie besiegten die Versuchungen des Bösen nach dem Beispiel des Herrn, von dem der Katechismus (2849) sagt: „Nun aber ist ein Sieg in einem solchen Kampf nur im Gebet möglich. Jesus besiegte den Versucher von Beginn an bis zum letzten Kampf in seiner Todesangst durch das Gebet.“
Ein weiteres Beispiel aus unserer Zeit ist ein chinesischer Christ, Heavenly Man, der monatelang vom Regime gefoltert wurde. Er schreibt, dass er während der Folter innerlich Psalmen und Bibeltexte rezitierte, die ihm die Kraft gaben, das Unbeschreibliche auszuhalten. Die Antwort Gottes auf sein Gebet ließ nicht auf sich warten: Eine Serie von außerordentlichen Wundern rettete ihn „vor dem Rachen des Löwen“ (Ps 22,22). Heavenly Man verbrachte den Rest seines Lebens damit, Gottes „Namen meinen Brüdern (zu) verkünden, inmitten der Gemeinde dich (zu) preisen“ (Ps 22,23).
Ähnliches erlebte der slowakische Untergrund-Bischof Paul Hnilica mit anderen von den Kommunisten internierten Priestern. Sie kannten die Liturgie und Teile der Hl. Schrift auswendig und schöpften daraus die Kraft in der Zeit der Verfolgung. Auch sie erlebten nicht nur Leid, sondern in der Folge das Eingreifen Gottes, seinen Schutz und einige Wunder.Wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz Die Liebe zum Vater und zu den Menschen war der Schatz und Brennpunkt des Herzens Jesu. Wir aber verlieren den Kontakt zu Jesus, wenn wir um uns selbst kreisen, dem Selbstmitleid verfallen oder uns davon absorbieren lassen, stets anderen die Schuld zuzuschieben. Wer jedoch betet, ist konstant mit Gott verbunden wie ein Navigationsgerät mit den Satelliten, so dass man auf dem Weg zum Ziel, dem Himmel, nicht verloren geht.
Es gibt einen direkten Weg, der vom Gebet zur Liebe führt. Denn Gebet ist Austausch mit Gott, mit ihm sprechen und auf ihn hören. Man kann jemanden nicht lieben, wenn man weder mit ihm spricht noch ihm zuhört. Jeder Mensch sehnt sich innerlich nach Liebe, trotzdem wird das Gebet oft vernachlässigt oder gar gemieden. Der Katechismus (2742) beschreibt es so: „Der Kampf des Gebetes gegen unsere Schwerfälligkeit und Faulheit ist ein Kampf um eine demütige, vertrauende und beharrliche Liebe.“ Wer betet liebt, und wer liebt, ist auf dem Weg zum Himmel – dorthin, wo wir eigentlich zu Hause sind.
Der hl. Johannes Chrysostomus sagt: „Nichts ist so wertvoll wie das Gebet: Es macht Unmögliches möglich und Schweres leicht ... Ein Mensch, der betet, kann unmöglich sündigen.“ Und die hl. Teresa von Avila, deren Geburtstag sich am 28. März 2015 zum 500. Mal jährt, beschwört uns geradezu: „Wer aber noch nicht zu beten angefangen hat, den bitte ich um der Liebe des Herrn willen, er möge doch nicht auf ein so hohes Gut verzichten (...) Denn das innere Gebet ist meines Erachtens nichts anderes als ein Gespräch mit einem Freund, mit dem wir oft und gern allein zusammen sind, weil wir wissen, dass er uns liebt.“
Ist nicht gerade die Fastenzeit eine Möglichkeit, auf vergängliche Dinge zu verzichten? Niemals aber sollten wir verzichten auf das „so hohe Gut“, das uns in allen Lebenslagen Kraft und die Nähe der Liebe Gottes schenkt: das Gebet.

Beatrix Zureich

Die Flamme der Liebe

„Wenn du wissen willst, ob du den Heiligen Geist empfangen hast, so befrage dein Herz: damit du nicht etwa das Sakrament hast und die Kraft des Sakramentes nicht hast. Befrage dein Herz: Wenn da die Bruderliebe ist, so sei ohne Sorge! Die Liebe kann nicht ohne Geist Gottes sein, denn Paulus sagt: ,Die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist‘

(Röm 5,5)“


Das obige Zitat stammt vom hl. Kirchenlehrer Augustinus († 430) aus seinem Traktat über „Die Gegenwart des Heiligen Geistes“. Doch was meint er damit, wenn er sagt: „... damit du nicht etwa das Sakrament hast und die Kraft des Sakramentes nicht hast“?

Tatsächlich besteht eine der beiden Hauptwirkungen des Sakraments der Taufe darin, dass wir durch sie im Heiligen Geist wiedergeboren werden (vgl. KKK 1262), und das Sakrament der Firmung bewirkt die besondere Ausgießung des Heiligen Geistes, wie sie einst am Pfingsttag den Aposteln zuteil wurde (vgl. KKK 1302). Das Sakrament der Firmung ist die Vollendung der Taufe (vgl.
KKK 1304). Ein Indiz dafür, dass viele getaufte und gefirmte Christen dennoch „die Kraft des
Sakraments“ nicht haben, ist die mangelnde Attraktivität des Glaubens in unseren Breiten. Tatsache ist: Der Glaube und die Kirche haben keine gute Presse. Doch es bringt uns nicht weiter, nur den Medien die Schuld zu geben. Wer die Welt verändern will, muss bei sich selbst beginnen. Daher muss ich mich fragen: Habe ich nur die Sakramente empfangen, oder habe ich auch „die Kraft des Sakraments“? Habe ich die Liebe?


Der große Unbekannte


Wir haben es unzählige Male gehört: Gott ist die Liebe. Diese vier Worte sind einfach, und doch ist uns ihr Inhalt oft ferner als die äußerste Galaxie unseres Sonnensystems. Vielleicht liegt es daran, dass wir uns Gott und seiner Liebe rational zu nähern versuchen. Dadurch bleibt er für uns abstrakt wie eine Algebra-Formel. Und der Heilige Geist, dessen erste Gabe für uns die Liebe Gottes ist, bleibt der „große Unbekannte“ im Leben vieler Christen.
Im Gegensatz dazu steht das Beispiel der Urchristen und der Heiligen. Für sie war Liebe nichts Abstraktes, ebensowenig wie der Heilige Geist. So sandten sie ihren Mitchristen Briefe, in denen sie
schrieben: „... der Heilige Geist und wir haben beschlossen ...“ (vgl. Apg 15,28). Sie teilten, halfen den Armen und waren „ein Herz und eine Seele“(vgl. Apg 4,32). Mit anderen Worten: Sie hatten nicht nur das Sakrament empfangen, sondern setzten die Liebe zu Gott und den Mitmenschen
ganz praktisch in ihrem Leben um. Es reicht nicht, dass wir viel über Gott wissen. Vielmehr müssen wir den Glauben vom Kopf ins Herz und von dort in die Hände und Füße rutschen lassen. In diesem Sinne lud die selige Mutter Teresa einen jungen Mann, der als Voluntär in Kalkutta helfen wollte, mit den Worten ein: „Alles, was du brauchst, sind zwei helfende Hände und ein liebendes Herz.“

Verwandelndes Feuer


Jesus sagte (Lk 12,49): „Ich bin gekommen, um Feuer auf die Erde zu werfen. Wie froh wäre ich, es würde schon brennen!“ Nach seiner Auferstehung, am Pfingstmorgen, kam der Heilige Geist in
„Zungen wie von Feuer“ auf die Jünger herab und erfüllte sie (vgl. Apg 2,3f).
Es ist derselbe Heilige Geist, der uns durch die Sakramente erfüllen will und nur darauf wartet, dass wir es ihm erlauben. Gott zwingt niemanden, er wartet geduldig und sehnsüchtig auf unser Ja. Gott, der die Liebe ist, umwirbt jede Seele, wie ein Verliebter seine Geliebte umwirbt. Dies beschreibt das Hohelied der Liebe in der Heiligen Schrift in wundervollen poetischen Bildern.
Für uns stellt sich die Frage: Habe ich den Mut und bin ich bereit, ja zu sagen? Wenn ich Gott aufrichtig in mein Leben einladen will, wird er mir den Mut dazu schenken. Er ist es, der uns Gebete wie dieses eingibt: „Mein Gott, komm mit dem Feuer deines Heiligen Geistes und verwandle mich! Mein Gott, hilf mir, mich von ganzem Herzen in dich zu verlieben!“

Ein neues Leben


Wie sehr der Heilige Geist unser Leben zu verwandeln vermag, zeigt das Beispiel der ersten Christen, die nach dem Pfingsterlebnis furchtlos, mit Festigkeit und voller Nächstenliebe auftraten. Sie wirkten in der Liebe des Heiligen Geistes, die so anziehend war, dass sich ihnen Tausende anschlossen (vgl. Apg 4,4). Als Christen ist es unsere Berufung, die Visitenkarte der Liebe Gottes hier auf Erden zu sein, damit das Pauluswort auch auf uns zutreffen möge (2 Kor 3,3): „Unverkennbar seid ihr ein Brief Christi, ausgefertigt durch unseren Dienst, geschrieben nicht mit Tinte, sondern mit dem Geist des lebendigen Gottes, nicht auf Tafeln aus Stein, sondern – wie auf Tafeln – in Herzen von Fleisch.“
Um ein Brief Christi zu sein, genügt es, Gott und die Menschen von Herzen zu lieben. Der Heilige Geist der Liebe wartet nur darauf, dass wir ihn um Hilfe bitten, denn ohne ihn vermögen wir nichts. Die Liebe verändert die Welt. Unser Gott ist mächtig, seine Botschaft der Liebe kann alle und alles verändern. Die Christenverfolgung, die vor 2000 Jahren begann und heute blutige Urstände erlebt, sollte uns aufrütteln. Antichristliche Gruppen und Regierungen versuchen, das Christentum auszurotten, weil sie dessen befreiende, verwandelnde Macht fürchten. Es ist höchste Zeit, dass auch wir Christen uns dieser Macht der Liebe bewusst werden und den Heiligen Geist in unser Leben einladen. Geben wir ihm eine Blankovollmacht, und er wird unser Leben mit der Flamme seiner Liebe verwandeln und durch uns das Antlitz der Erde erneuern.

Beatrix Zureich