Mittwoch, 13. August 2014

Der fliegende Heilige

Zu den faszinierendsten Heiligen gehört der Franziskanerpater Josef Maria von Copertino (1603 - 1663) aus der Provinz Apulien in Süditalien. In einem Stall geboren, erlebte er schon in jungen Jahren Armut, Krankheit und Ablehnung. Der Schüler aber konnte auch in tiefes Staunen versinken – beim Klang der Orgel, bei der Erwähnung des Namens Jesus ... Fasziniert vom Leben des hl. Franziskus wollte er diesem nachfolgen. Doch sein Weg ins Kloster war dornig, mehrfach wurde er „wegen Unfähigkeit“ abgewiesen, bis er endlich Franziskanerminorit werden durfte. Er schien zwei linke Hände zu haben, tat sich schwer beim Lernen und schien oft geistesabwesend zu sein. Mit äußerster Mühe, durch viel Gebet und die Hilfe der Mutter Gottes schaffte er das Priesterstudium schließlich doch.
Bald merkten die Menschen nun, wie hoch er, der „Unfähige“, begnadet war: Unzählige Male schwebte er verzückt in der Luft, er hatte Visionen über die Zukunft, besaß die Gabe der Heilung und der Herzensschau. Seine charismatischen Gaben waren dermaßen spektakulär, dass viele ihn aufsuchten, einfaches Volk wie Gelehrte und Adlige. Doch der Heilige litt auch unter Verdächtigungen und Unverständnis und wurde, um dem Ansturm der Massen zu begegnen, von Kloster zu Kloster geschickt und immer mehr vor der Öffentlichkeit abgeschottet. Noch heute erfährt der hl. Josef von Copertino vor allem in seiner Heimat eine große Verehrung. Eine Kurzbiographie mit Novene und Gebeten, aus der die folgende Leseprobe stammt, möchte ihn auch hierzulande bekanntmachen.

Die letzten Jahre

Auf Bitten seiner Mitbrüder wird Pater Josef im Jahr 1657 in dem Kloster der Franziskaner-Konventualen in Osimo aufgenommen, das in der Mark Ancona liegt. Bereits bei seiner Ankunft sieht er über der Basilika von Loreto die Engel auf- und niedersteigen. Bei diesem Anblick gerät er in Ekstase und fliegt hinauf zum Giebel einer Scheune – zum heillosen Entsetzen der mitreisenden Brüder. Obwohl er auch dort ein Gefangener seiner Zelle ist, weiß er dennoch um die Gebetsanliegen, die an die Gemeinschaft herangetragen werden, um sich den Beistand des berühmten Heiligen und Wundertäters zu sichern. Br. Josef versöhnt Zerstrittene, heilt Kranke, spricht Prophezeiungen aus, hebt immer wieder in Verzückung ab, tanzt mit einer Nachbildung des Jesuskindes in seinen Armen und singt dabei vor Glück. Er hört nicht auf, für die Anliegen seiner Mitmenschen zu beten und zu opfern.

Nach monatelangem Fieber stirbt Josef Maria von Copertino am 18. September 1663 in Osimo im Kreis seiner Mitbrüder. Ein sanftes Lächeln umspielt seine Lippen. Plötzlich wird sein Haupt von einem hellen Licht umstrahlt. Friedlich und entspannt ruht sein Leib, wie im Schlaf, ohne eine Spur des Leidens oder eines Todeskampfes. Pater Josef hat seine Seele dem Schöpfer zurückgegeben.

Die Verehrung des Heiligen

Schon bald kommt es am Grab von Pater Josef in der Klosterkirche von Osimo zu auffälligen Gebetserhörungen und Wundern. Das einfache Volk verehrt den, der im Ruf der Heiligkeit starb, als einen mächtigen Fürsprecher. Auch die Kirche bestätigt sein heiligmäßiges Leben: Im Jahr 1753 wird Josef Maria von Copertino von Papst Clemens XIII. selig- und vierzehn Jahre später heiliggesprochen. Besonders in seiner süditalienischen Heimat erfreut sich der „fliegende Heilige“ bis heute großer Popularität. Er ist ein Patron der Schüler und Studenten, die ihn bei Prüfungen um Hilfe anrufen. Auch die Piloten, vor allem der (argentinischen) Luftwaffe, wenden sich an ihn als ihren Schutzpatron. Im Jahr 1963 wird er schließlich zum Schutzpatron der Weltraumfahrer ernannt. Josef von Copertino gilt als einer der bemerkenswertesten Heiligen der christlichen Mystik, doch auch zu den am wenigsten verstandenen. Er wollte nur das Eine: den Willen Gottes erfüllen. Ja, er war geradezu verrückt nach Gott. Diese Verrücktheit erfasste nicht nur seine Seele, sondern auch den ganzen Leib, der buchstäblich hinaufgezogen wurde zu Gott. Unzählige Gläubige aller Stände suchten ihn auf. Aufgrund seiner Gabe der Herzensschau wurde er vor allem von dem einfachen Volk verehrt, das seine Nähe suchte und seinen Rat annahm. Seine von Gott eingegossene Wissenschaft setzte selbst gelehrte Theologen immer wieder ins Staunen. Die Zeit seiner Isolation nutzte P. Josef zu Gebet, Gesang und Dichtung. So ist von ihm eine umfangreiche geistliche Spruchsammlung erhalten.

Aus: Gottfried Egger, Heiliger Josef von Copertino – Patron der Studenten

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