Dienstag, 29. April 2014

Alle Heiligen


Bereits in der Schule fängt es an: Die Kinder suchen nach Vorbildern, denen sie nacheifern und deren Taten sie beeindrucken. Teenager kleiden und frisieren sich wie ihre Idole aus Film und Sport. Die hohen Auflagen der Klatsch-Presse legen nahe, dass auch Erwachsene immer noch auf der Suche nach einem Idol, nach Helden oder Vorbildern sind. Ob im Sport, in der High Society oder im Show-Business: Viele Stars und Helden sind heute in und morgen out. Die Stars von heute sind viel zu oft die gefallenen Sterne von morgen. Ganz anders sieht es bei den wahren Helden aus, die von der Kirche selig oder heilig gesprochen wurden. Sie waren einfache Menschen wie wir, mit Fehlern und Schwächen, doch alle Heiligen schafften es durch Gottes Hilfe, sich aus dem Staub zu erheben und ein Leben in seinem Glanz, zu seiner Ehre, zu führen. Wie schade, dass selbst viele Christen so wenig über das Leben und Wirken der Heiligen wissen! Es ist zu wenig, wenn wir nur an Allerheiligen während des Gottesdienstes an sie denken. Die Heiligen wollen und können uns jeden Tag zur Seite stehen – wenn wir das wünschen. Viele Menschen tragen den Namen eines Heiligen, ohne viel über ihren Namenspatron zu wissen.

Wäre es nicht eine gute Idee, sich auf die Spuren dieses Heiligen zu machen, seine Biographie zu lesen, vielleicht sogar ein Buch mit Texten des Heiligen zur täglichen Lesung heranzuziehen? Oder einmal zu erforschen, welche Heiligen in unserer Heimat lebten und wirkten? Die Heiligen sind nicht nur Vorbilder, die uns inspirieren können, wie wir mit den Herausforderungen des Alltags und unserer Umgebung im christlichen Sinn umgehen sollten. Jeder Heilige, vom heiligen Bettler (z.B. Benedikt Labre) bis zum heiligen König (z.B. Stephan von Ungarn), will uns daran erinnern, dass „die Heiligkeit kein Privileg einiger Weniger ist, sondern der Aufruf an uns alle“ (Wort der seligen Mutter Teresa). Der Prophet Jesaja, der das kommende Heil und die Ankunft des Messias vor hersagte, überlieferte folgende Zeilen, die wir gerade im kommenden Advent als persönliche Botschaft Gottes an uns verstehen dürfen: „Macht die erschlafften Hände wieder stark und die wankenden Knie wieder fest! Sagt den Verzagten: Habt Mut, fürchtet euch nicht! Seht, hier ist euer Gott! (...) In der Wüste brechen Quellen hervor und Bäche fließen in der Steppe (...) Eine Straße wird es dort geben; man nennt sie den Heiligen Weg. Kein Unreiner darf ihn betreten. Er gehört dem, der auf ihm geht“ (Jes 35,3.4.6.8). Die Straße, die Christus uns zeigte und auf der jeder Heilige ging, ist dieser „Heilige Weg“. Die, die ihn bereits gegangen sind, warten nur darauf, dass wir sie um Hilfe bitten – die Heiligen. Sie sind unsere Freunde, die uns helfen können und wollen, wenn wir sie dazu einladen.

Zuerst erschienen in MARIA - Das Zeichen der Zeit (MZZ)

ABC der Namenspatrone

Der verborgene Gott

Der Kirchenvater Augustinus († 430) schrieb: „Die Sehnsucht Gottes ist der Mensch.“ Doch auch wir Menschen suchen Gott, sehnen uns nach seiner Liebe. Allerdings haben wir manchmal den Eindruck, es mit einem verborgenen Gott zu tun zu haben. Gott ist nicht greifbar - oder doch?

 

Sehnsucht nach der Wiederkunft Jesu

Vor 2000 Jahren war die Stimmung im alten Israel gedrückt. Zwar ruhte die Hoffnung des Volkes auf dem Messias, dessen Kommen die Heilige Schrift ver hieß. Gleichzeitig aber litt das Volk nicht nur unter dem eisernen Joch Roms, sondern auch unter der Korruption des Königshofs und der Tempel-Elite. Die Christen von heute befinden sich in einer vergleichbaren Lage. Wirtschaftlich, politisch und religiös sehen viele schwarz. Die Sehnsucht nach der Wiederkunft des Retters, der eine Friedensära schaffen und alles Böse ausmerzen soll, wächst.

 

Prophezeiungen über Jesus

Aus der sog. Endzeit-Rede Jesu (vgl. Lk 21,27) und aus der Apostelgeschichte (1,11) wissen wir, dass „dieser Jesus, der von euch ging und in den Himmel aufgenommen wurde, ebenso wiederkommen (wird), wie ihr ihn habt zum Himmel hingehen sehen.“ Weniger bekannt ist jedoch eine Bedingung für diese Wiederkunft. Sie wird im Katechismus, Art. 674, genannt: »Das Kommen des verherrlichten Messias hängt zu jedem Zeitpunkt der Geschichte davon ab, dass er von „ganz Israel“ anerkannt wird, über dem zum Teil „Verstockung liegt“, so dass sie Jesus „nicht glaubten“ (Röm 11, 20).« Wer die Wiederkunft Christi ersehnt – und das sollten wir alle – ist also gerufen, den Auftrag des Auferstandenen umzusetzen (Mt 28,19ff): „Geht zu allen Völkern und macht alle Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe. Seid gewiss: Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt.“ Zum Christsein gehört das Teilen
der Frohen Botschaft mit allen Völkern, denn sie sind „ganz Israel“, das neue Volk Gottes. Das Reich Christi, das in der Kirche schon gegenwärtig, aber noch nicht vollendet ist (vgl. KKK 671), bedarf unserer Mitwirkung. Wir sind es, die das Antlitz der Erde erneuern, indem wir uns, unsere Herzen und unseren Glauben und nicht die Lehre der Kirche erneuern und reformieren. Wir müssen Salz der Erde und Licht der Welt sein. Dies geschieht durch den regelmäßigen Empfang der Sakramente, vor allem durch Eucharistie und Beichte. Dort ist der „verborgene Gott“ gegenwärtig, dort wirkt er durch die Priester, ganz greifbar und doch unbegreiflich (dies beschreibt z. B. der irische Missionar P. Kevin in seinem Buch Ich will selbst kommen) Das, was „alle Völker“ zu Christus führen wird, sind weniger unsere Worte als unser leuchtendes christliches Vorbild.

 

Erwartungen

„Ich bin bei euch alle Tage ...“ ist das Versprechen Jesu, denn es genügt ihm nicht, erst bei seiner Wiederkunft wieder bei uns zu sein. Er, der zur Rechten des Vaters sitzt, schenkt uns seinen Leib und sein Blut, seine Seele und Gottheit. Und es ist derselbe Herr, der durch sein heiliges Wort unter uns ist und bleibt. Wir, die wir das Kommen Christi erwarten und ersehnen – sind wir anders als die Menschen vor 2000 Jahren? Sie erkannten Christus nicht, weil sein Auftreten, seine Botschaft und sein Wort nicht ihren Erwartungen entsprach. Sie waren es, die ihn, der mitten unter ihnen wirkte, zum „verborgenen Gott“ machten. Heute ist die Sehnsucht nach der Wiederkunft Christi vielleicht größer denn je, doch beten wir, besonders in der Eucharistiefeier, um das rasche Eintreten der Wiederkunft Christi“, wie der Katechismus (Art. 671) es formuliert? Wir haben die Heilige Schrift, das Vorbild der Heiligen aus 2000 Jahren. Wir wissen, dass Gott seine Gegenwart in den Sakramenten durch viele Wunder bewiesen hat. Umso erstaunlicher ist es, dass all dies gerade heute so wenig geschätzt wird – weil wir uns Gottes Wirken, Gegenwart und Wiederkunft anders vorstellen.

 

Die Macht des Wortes Gottes

Der Tatsachenbericht von P. Josef Isele CSSR zeigt, wie nahe Gott uns ist und wie mächtig sein heiliges Wort wirkt:
Am 13. März 1945 stand ich als 25-jähriger Theologiestudent in Uniform vor einem russischen Erschießungskommando. Der Major wollte wissen, wo meine Kameraden seien. Das wusste ich nicht, denn bei meiner Gefangennahme war ich allein gewesen. „Wenn du nicht sagst, wirst du erschossen!“ – „Ich weiß es wirk lich nicht!“ – „Gut, dann wirst du eben erschossen.“ Zwei Soldaten brachten die Maschinengewehre in Anschlag, während ich vor einen dicken Baum gestellt wurde, die ganze Kompanie sah zu. Der Major besprach sich mit dem Dolmetscher. Plötzlich kam er auf mich zu. Er hatte meinen kleinen Feld-Schott (Laien-Messbuch) in der Hand. Er entnahm ihm einen kleinen Zettel, auf den ich in Zierschrift einen Psalmvers geschrieben hatte: „Dextera Domini exaltavit me: Non moriar, sed vivam et narrabo opera Domini.“ Vielleicht hielt der Major den Text für eine Geheimbotschaft. Er fragte: „Was das heißen?“ – „Das ist Latein“, sagte ich. „Ich auch Latein! Du übersetzen!“, befahl er. Ich begann: „Die Rechte des Herrn hat mich erhöht: Nicht sterben werde ich, sondern...“ Der Major ließ mich nicht ausreden. Das Erschießungskommando musste zurücktreten ... Ich kam als Gefangener nach Sibirien, doch noch im gleichen Jahr erreichte ich wohlbehalten die Heimat, wo ich am 7. August 1949 das Ziel meines Lebens, die Priesterweihe, erlangte. „Nicht sterben werde ich, sondern leben und künden die Werke des Herrn!“ Diese Worte, die ich damals nicht mehr zuEnde übersetzen konnte, haben für mich die Kraft einer Prophezeiung angenommen, die sich in 25 Jahren priesterlichen Dienstes erfüllt hat. – Gott sei gedankt für sein Wort, das lebendig und kraftvoll ist (vgl. Hebr 4,12) und wirklich Leben rettet. „Es kehrt nicht leer zu mir zurück“, spricht der Herr (Jes 55,11–12), „sondern bewirkt, was ich will, und erreicht all das, wozu ich es ausgesandt habe. Voll Freude werdet ihr fortziehen, wohlbehalten kehrt ihr zurück.“ Leben wir wie P. Josef Isele mit Gottes Wort! Sein Wort schenkt wahrhaft Leben.

Beatrix Zureich

Zuerst erschienen in MARIA - Das Zeichen der Zeit (MZZ)