Mittwoch, 3. September 2014

Maria Bertilla - Helferin der Kranken

Im Jahr 1888 in Brendola nahe Venedig geboren, wuchs Anna Francesca Boscardin als ältestes Kind einer Bauernfamilie auf. Sie besuchte die Schule nur drei Jahre lang und arbeitete hart auf dem Feld. Von klein auf hatte sie eine Vorliebe für Gott und das Gebet, so dass sie – was damals eine große Ausnahme war – bereits mit acht Jahren zur hl. Kommunion zugelassen wurde. Doch ihr Leben war nicht einfach: Ihr Vater Angelo sagte später im Seligsprechungsprozess aus, er sei eifersüchtig, gewalttätig und oft betrunken gewesen. Darunter litt seine Familie sehr. Die kleine Anna, die keine herausragenden Talente zu besitzen schien, stieß trotz ihres friedlichen, ausgeglichenen Wesens sogar in ihrer Umgebung auf Ablehnung. Sie wurde das Ziel so mancher Spöttelei, man rief ihr nach, sie sei eine lahme Gans und dumm.

Mit 16 Jahren erfüllte sich für sie ein großer Traum, als die Dorotheenschwestern sie ins Noviziat aufnahmen. Zur Novizenmeisterin sagte Anna, die nun den Namen Sr. Maria Bertilla angenommen hatte: „Ich kann nichts. Ich bin ein armes Ding, eine Gans. Lehren Sie mich! Ich möchte eine Heilige werden!“

Im Kloster wirkte die Heilige zuerst in der Küche und in der Wäscherei, bis sie zur Krankenschwester ausgebildet wurde. Während des Ersten Weltkriegs zeigte sich die wahre Heiligkeit der einfachen Schwester, die sich sonst stets im Hintergrund hielt und nur durch ihre Frömmigkeit, unendliche Geduld und liebende Güte aufgefallen war. Sie betreute Kinder in der Isolierstation des Spitals, die an Diphterie litten, aber auch TB-Kranke, Kriegsverletzte und viele andere.

Nachdem bei ihr ein Tumor festgestellt worden war, starb sie im Alter von 34 Jahren nach einer Operation und heldenmütig ertragenem Leiden. Nur 42 Jahre später wurde sie von Papst Johannes XXIII. zur Ehre der Altäre erhoben. Auf die Fürbitte der hl. Maria Bertilla geschahen viele Heilungen.

Zeugenberichte über Sr. M. Bertilla

Eine Mitschwester bezeugt: „Während der Kriegszeit war ich mit Sr. Bertilla in einem Lazarett mit 60 Kranken, die ansteckende Krankheiten hatten. Wir waren dort drei Schwestern in der Zeit, als Treviso geräumt werden musste, als die Flugzeuge, das Donnern der Kanonen und das Knattern der Maschinengewehre überall Schrecken verbreiteten und Kugeln Tag und Nacht durch die Fenster flogen. Was aber tat Sr. Bertilla beim ersten Alarmzeichen? Schweigend griff sie zum Rosenkranz und ging ganz bleich durch die Baracken, um die Kranken zu holen.

Die, die nicht gehen konnten, nahm sie auf ihre Arme und trug sie in die Kirche, wobei sie immer wieder sagte: ,Habt keine Furcht, meine Lieben, wir sind bei Jesus.‘ (Die Kirche befand sich im Erdgeschoß, und dorthin trug sie die Kranken aus den oberen Stockwerken.) Nachts überquerte sie unter dem Feuer der Geschütze unerschrocken und voll Vertrauen den Hof. Die Splitter der Granaten schlugen ringsum ein. Wir sagten ihr immer wieder: Genug, Sr. Bertilla, passen Sie auf, dass wir nicht noch im Hof verbrennen! Sie antwortete, sie könne nicht ruhen, bevor sie nicht alle in Sicherheit gebracht habe. Ihre Liebe war heroisch!“

In ihrer freien Zeit versammelte Sr. Bertilla die Kinder um sich, die nicht das Bett zu hüten brauchten, und führte sie in die Kapelle des Hospitals. Dort hieß sie die Kinder entweder an der Kommunionbank oder auf der ersten Stufe des Altars niederknien und betete mit ihnen leichte und kurze Gebete. Die Allerkleinsten hob sie sogar in die Höhe, um ihnen das Türchen des Tabernakels zu zeigen, und belehrte sie, dass der Heiland darinnen sei, der uns so sehr liebt.

Ein Mädchen von acht Jahren brach beim Verlassen des Krankenhauses in bitteres Weinen aus. „Warum weinst du?“, fragten die Ärzte, „freust du dich nicht auf zu Hause?“ Das Kind antwortete: „Ich weine, weil ich die Schwester so lieb habe!“ Sie meinte Sr. Bertilla. Wie oft riefen die Kranken voll Erstaunen: „Diese Schwester verliert nie die Geduld!“ Professor Rubinati, der Chefarzt, sagte über sie: „Welche Ergebenheit bei Zurechtweisung! Nie ein Wort der Rechtfertigung, nie eine Widerrede! ... Sie war eine ideale Schwester, eine Krankenpflegerin ohnegleichen!“

Aus Sr. Maria Bertillas Tagebuch

„Alles für Jesus und seine Liebe; alles sei zur größeren Ehre Jesu!“

„Gehorsam in allem, besonders in den kleinsten Dingen! Ich will mir immer vor Augen halten, dass eine Schwester ohne Gehorsam nichts anderes ist als eine Maske.“

„Ich will die Augen beherrschen, besonders in der Kirche. Ich will nur umherschauen, wenn es notwendig ist ... Wieviel Unheil stiftet die Phantasie an und hat sie schon angestiftet! Heute will ich immer entweder an Jesus denken oder an das, was mein Amt von mir verlangt.“

Heilung auf Fürsprache Sr. Bertillas

Der 15-jährige Ottogrino Grigolato stürzte im Mai 1923 vom Fahrrad und fiel ins Koma. Die Ärzte stellten später eine Gehirnentzündung fest. Nach vier Tagen waren der linke Arm und das linke Bein gelähmt. Kurz darauf wurden ihm die Sterbesakramente gespendet, denn die Ärzte hielten den Fall für verloren. Sie sagten, nur ein Wunder könne noch helfen. Die Krankenschwester riet den verzweifelten Eltern, die wenige Monate zuvor im Ruf der Heiligkeit verstorbene Sr. Maria Bertilla anzurufen. Man begann sofort mit einer Novene, um die Heilung zu erbitten. Am selben Abend trat eine Besserung ein, tags darauf war das Fieber verschwunden. Am dritten Tag der Novene verschwand die Lähmung, am sechsten Tag wurde der Junge von den Ärzten entlassen, da er völlig gesundet war.

Im März 1925 wurde beim Landwirt Sebastian Fasan aus San Martino di Lupari ein bösartiger Tumor am Oberkiefer diagnostiziert. Bald darauf konnte Sebastian nicht mehr schlucken. Die Ärzte rechneten mit seinem Tod innerhalb einer Woche. Eine Krankenschwester gab ihm ein Bild der Sr. Bertilla, das er mit nach Hause nahm. Am selben Abend betete seine Familie mit den Nachbarn die ersten Gebete einer Novene zu Sr. Bertilla. Am Schluss der Gebete fühlte der Kranke ein Nervenzucken, und es schien ihm, als ob sich etwas entspanne. Er bat um Wasser und konnte es schlucken. Danach konnte er sogar Suppe zu sich nehmen. Er hatte keine Schmerzen mehr. Am folgenden Tag aß er mit seiner Familie ohne irgend eine Schwierigkeit: Er war geheilt.

Aus: P. Benedikt Stolz OSB, "Maria Bertilla"

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